Ein Ungleichgewicht zwischen Energiebedarf und Energieangebot trägt maßgeblich zur Genese zahlreicher Zivilisationskrankheiten wie Typ 2 Diabetes, Krebs und neurodegenerativen Erkrankungen bei. Die Ätiologie einer gestörten Bioenergetik ist dabei multikausal. Kalorische Überernährung und ein Mangel an körperlicher Aktivität tragen ebenso zu einer Dysbalance der Energiebilanz bei, wie genetische und krankheitsabhängige Veränderungen des zellulären Energiestoffwechsels. Kalorienrestriktion ist die nachweislich stärkste nicht-pharmakologische Intervention zum Erhalt und zur Verbesserung der Gesundheit, die bei Modellorganismen sogar zu einer Verlängerung der Lebensspanne führt. Reduktionsdiäten oder längere Fastenkuren sind jedoch nicht nachhaltig erfolgreich und tragen nicht zur besseren Regulation der Energiehomöostase bei.
Der Energieumsatz und die Frequenz anaboler und kataboler Zyklen über den Tag haben einen Einfluss auf die zelluläre Bioenergetik und damit auf das gesundheitliche Risiko. Populäre Trends wie das sog. Exercise Snacking, Intermittend Fasting oder Time Restricted Feeding (Fasten innerhalb eines Tages) werden im Hinblick auf ihre gesundheitliche Bedeutung derzeit intensiv erforscht. Wichtig ist dabei die Kenntnis der Interaktion zwischen Energieverbrauch und Energieaufnahme. Eine Drosselung des Energieverbrauchs z.B. durch Inaktivität oder Gewichtsabnahme führt nicht zu einer entsprechenden Reduktion der Energieaufnahme und stellt daher ein Risiko für eine Gewichtszunahme dar. Bei einer Steigerung des Energieverbrauchs erfolgt dagegen eine bessere Anpassung der Appetitregulation an den Energiebedarf.
Die Ernährung beeinflusst den Energiestoffwechsel nicht nur über das Angebot an Energie, sondern auch über die Bereitstellung einzelner Energiesubstrate (z.B. ketogene Diät, Protein- oder Methionin-arme Diät) sowie über Nahrungsbestandteile, die in die für eine Kalorienrestriktion relevanten Stoffwechselwege eingreifen. Beispiele für derartige sog. Kalorienrestriktionsmimetika sind biogene Amine wie Spermidin und Agmatin oder sekundäre Pflanzenstoffe wie Curcumin und Quercetin.
Das kardiometabolische Risiko wird durch chronische sowohl lang- als auch durch kurzfristige Auslenkungen der Energiebilanz beeinflusst. Veränderungen der Körperzusammensetzung sind ein Korrelat langfristiger Energiebilanzveränderungen. Sie zeigen besonders bei abdomineller Adipositas und ektopen Lipiden, wie dem Leberfett, eine enge Beziehung zum Krankheitsrisiko. Die Beurteilung von Veränderungen der Körperzusammensetzung bei positiver oder negativer Energiebilanz erfordert die Kenntnis über die Regulation der Partitionierung von Fett- und Magermasse, aber auch von Organ- und Muskelmasse, unterschiedlichen Fettgeweben und ektopen Fetten sowie auf der molekularen Ebene von Glykogen, Körperprotein, -wasser und -fett.
Ziel der Forschung in der Abteilung Humanernährung ist es, Empfehlungen für innovative Konzepte zur Regulation der Körperzusammensetzung ableiten zu können. Eine umfangreiche Phänotypisierung hinsichtlich der Ausgangskörperzusammensetzung, der aeroben Fitness und des Stoffwechsels dient zur Analyse der interindividuellen Varianz bioenergetischer Outcome-Parameter. Diese wird zur Ableitung personalisierter Ernährungs- und Lebensstilempfehlungen auf Basis der individuellen Bioenergetik verwendet.